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Dr. Josef Wimmer · October 12, 2021

Das Grunddatum des jüdischen Glaubens ist die Selbstoffenbarung der Gottheit als Ich-bin-da-bei-euch: יהוה . Sie geschah dem aus Ägypten geflohenen Hebräer Mose an einem Dornbusch in der Wüste, der zu brennen schien und doch nicht verbrannte. Durch sie wurde Mose zugleich der Befreier seines Volkes aus der Sklaverei und Stifter der jüdischen Religion. In ihrer ganzen Geschichte bis zum heutigen Tag halten ihre Anhänger an diesem Namen fest und vertrauen darauf, dass יהוה allezeit bei ihnen ist, mit ihnen und dem ganzen Volk Israel wandert – wo auch immer…

Der christliche Glaube hat demgegenüber zwei Grunddaten. Sie ergeben sich aus der Tatsache, dass der Stifter der christlichen Religion, der Jude Jesus aus Nazareth, sich zu seinem jüdischen Glauben mit allem, was dazu gehört, bekannt hat - bis zum letzten Atemzug seines Sterbens als aufrührerischer Gotteslästerer am Kreuz von Golgotha.
So bedingungslos hat Jesus seinem „Vater im Himmel“, wie er יהוה auch genannt hat, vertraut, dass an ihm die Verheißung der Auferstehung der Toten und des ewigen Lebens, die auch Teil der jüdischen Religion ist, wahr und wirklich geworden ist. יהוה ist nämlich „nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden“ (Lk 20, 38).

Jesus lebt, und somit ist seine Auferstehung das zweite Grunddatum des christlichen Glaubens. Der Auferstandene aber ist der Lebendige und als solcher bis ans Ende Welt denen liebevoll gegenwärtig, die „an ihn glauben“, d.h. sich ihm anvertrauen.

Die Grunddaten beider Religionen – des Judentums und des Christentums (und last but not least auch des Islam!) – haben als religiöse Praxis das Sich-Anvertrauen, die vertrauensvolle Hingabe an den g’ttlichen Willen gemeinsam, der das All durchwaltet.

Daher kann meine Kirche am Gedenktag des heiligen Papstes Johannes XXIII., der das II. Vatikanische Konzil einberufen hat, beten:

Gott des Lebens!
Durch die Auferstehung deines Sohnes wissen wir:
Der Tod ist überwunden,
der Weg zu dir steht offen,
unser Leben ist unvergänglich.
Hilf uns,
in dieser Gewissheit unser Leben anzunehmen
und es so zu gestalten, wie es dir gefällt.
Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn. Amen


Wenn der synodale Weg, den die katholische Kirche durch die Initiative des Bischofs von Rom, Papst Franziskus, am vergangenen Sonntag begonnen hat, darin mündet, das alle Gläubigen realisieren, worum wir bitten, hat er sein Ziel erreicht.