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Dr. Josef Wimmer · October 30, 2021

„In der Welt habt ihr Angst; doch seid getrost: ich habe die Welt überwunden“ (Joh 16, 33).

In „der Welt“ – gleich ob der natürlich wilden oder der von uns Menschen so komplex gestalteten, kultivierten und technisierten - erfahren wir uns oft genug mehr als „geworfen“ (Heidegger) denn als geborgen. Während Geborgenheit Vertrauen erzeugt, führt „Geworfenheit“ zu Angst – zu einer existentiellen Angst, die so groß und verunsichernd sein kann, dass wir jegliche Orientierung zu verlieren drohen und wie Taumelnde sind, die verzweifelt nach Halt suchen.

In dem weltgeschichtlichen Augenblick, in dem wir uns gerade befinden, ist aus diesen eher philosophischen Feststellungen eine brutale Realität geworden, die alles in den Schatten zu stellen scheint, was die Menschheit zumindest seit dem 2. Weltkrieg erlebt hat. Es ist, als würde sie an einem Abgrund entlangtaumeln.

Jederzeit kann plötzlich jemand den Boden unter den Füßen verlieren und abstürzen – in den Tod durch Covid19; in die Erkrankung am Coronavirus und ihre unabsehbaren körperlichen wie psychischen Folgeschäden; in Armut und Obdachlosigkeit infolge der gesundheitspolitischen Zwangsmaßnahmen zur Eindämmung der pandemischen Entwicklung; in Verzweiflung, in Depression, in Trauer.

Das ist das Bild, das „die Welt“ uns – „abgesehen“ vom Klimawandel, von dem sich aber nicht absehen lässt - derzeit darbietet. Es ist eine Welt, die vor allem wir selbst zu dem Desaster gemacht haben, als das wir sie gewahren. Kein Wunder, dass wir Angst haben.

Wenn wir dann noch bedenken, wie zusätzlich Ängste geschürt und medial „gehypt“ werden, können wir uns vorstellen, was Jesus in seiner sog. Endzeitrede meint, wenn er sagt: „Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen“ (Lk 21, 26). Damit will er uns keineswegs Angst machen; er stellt nur fest, was ist und was er sieht, was folgerichtig kommen wird, wenn seine Wiederkunft naht. Jesus ist ein unerbittlich klarsichtiger Realist, der uns nie in falschen Sicherheiten wiegt. Er stellt nur fest!

Aber er lässt uns mit seinen Feststellungen nicht im Regen stehen; vielmehr gibt er uns einen “Rettungsschirm“ an die Hand: sich selbst und die tröstliche Tatsache, dass er – wenigstens ER – „die Welt überwunden“ hat.

Allen Trost in unserer abgründigen existenziellen Verunsicherung sollen wir daraus beziehen, dass ER mit allem, was „Welt“ ist und je sein kann, fertig ist; dass sie ihm nichts mehr anhaben kann; dass er sie bezwungen und all ihre Fesseln, Verlockungen und Fallstricke abgeworfen hat; dass er mit einem Wort die ultimative Freiheit erlangt hat: das absolute vacare deo!

ER ist der Freie schlechthin, und weil er frei ist, haben auch wir die Aussicht auf diese ultimative Freiheit. Wir erlangen sie allerdings nur mit ihm und durch ihn. Im Vertrauen auf IHN. Darin aber mit Sicherheit!

Worauf warten wir noch?