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Dr. Josef Wimmer · October 31, 2021

Der Oktober verabschiedet sich mit strahlendem Sonnenschein. Er erwärmt zahllose kleine geflügelte Wesen, so dass sie noch einmal die Kraft haben, sich durch die Luft zu bewegen und zugleich vom Wind forttragen zu lassen. Für viele wird es wohl ihr letzter Flug sein…

Mit solchen und vielen anderen Worten und Sätzen baue ich mir aus der gefilterten Fülle meiner asymbolischen Sinneseindrücke meine erzählbare Welt und teile sie hiermit im worldwide Web.

Wie wird erregend leid- und freudvoll erlebte Welt zu Text, zu einer Geschichte, einem Narrativ, einer Ideologie, zu Dogma und Glaubenslehre, Handlungsanweisung und Aktion? Und wie daraus wieder Leid und Freude erregend erlebbare Welt?
In unzähligen kleinen psychophysischen Vorgängen, die vielschichtig in- und miteinander verwoben sind – so sehr, dass wir sie kaum nachvollziehbar darstellen, geschweige denn technisch nachahmen können.

Im heutigen sog. Reformationstag beispielsweise kulminiert ein solches weltschaffendes Geschehen ritualisiert und doch jedes Jahr neu. Angefangen hat es im Erleben des Augustinermönchs Martin Luther und mit den Worten, in denen er seinem Sinnen und Denken Ausdruck verlieh.

Die gottesdienstliche Feier der Reformation sieht unter anderem die Verkündigung der Bergpredigt vor, die in der katholischen Liturgie am morgigen Allerheiligentag ihren Ort hat.

Was kommt darin zum Ausdruck? Die Reformation hat sich nichts weniger auf die Fahnen geschrieben als das Vorhaben, die Jenseitsrichtung der katholischen Welt und ihrer „Bilder“ umzukehren und die Seligpreisungen schon im Diesseits denen teilwerden zu lassen, die dem Evangelium gemäß leben. Leben gemäß dem Evangelium oder gemäß dem, was man laut Frère Roger Schutz davon begriffen hat, ist das reformatorische Programm, das bis heute für die an Martin Luther orientierten Gemeinschaften maßgeblich ist.

Möge es ihnen immer neu und immer überzeugender gelingen!