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Dr. Josef Wimmer · November 24, 2021

Der Patron Europas, Benedikt von Nursia, legt in seiner berühmten Mönchsregel, die er vor ca. 1500 Jahren verfasst hat, den Mönchen seines Ordens im 43. Kapitel nahe, sie sollten „dem Gottesdienst nichts vorziehen“: „nihil operi Dei praeponatur“.

Wenn wir Heutigen, wir säkular lebenden Menschen, die Ansage lesen, dem Gottesdienst sei nichts vorzuziehen, stutzen wir erstmal angesichts solcher Weltfremdheit. Uns ist doch alles andere wichtiger als der Gottesdienst, gleich um welche seiner Spielarten es sich handelt.

Allerdings: die Regula Benedicti richtet sich gar nicht an uns; sie gilt vielmehr den Mönchen, die klausuriert unter einem Abt leben, beten und arbeiten. Wir haben nichts mit ihr, sie hat nichts mit uns zu schaffen.

Sollte sich dennoch ein „Weltmensch“ für sie interessieren, ist es wichtig, dass er/sie versteht, was ein Mönch, ein monastisch lebender Mensch überhaupt ist.

Ein monastisch lebender Mensch – welchen Geschlechts auch immer – ist ein Mensch, das sich seines grundlegenden Alleinseins in dieser Welt bewusst ist. Ein monastisch lebender Mensch weiß, dass er unvertretbar ist und in jeder Lebenslage für sich selbst einstehen muss. Und zwar nicht nur gegenüber sich selbst und seinen Mitmenschen, sondern auch angesichts der Ewigkeit.
Wenn Du das erkannt hast und weißt, bist Du ein monastisch lebender Mensch und kannst folglich die Mönchsregel(n) auch auf Dich anwenden.

Die Grundregel lautet: dem Gottesdienst ist nichts vorzuziehen.

Da denken wir zuerst an das, was wir (vielleicht noch) kennen: Gottesdienste in Kirchen und Gemeinden, Gebete, Bekenntnis, Confiteor, Abendmahl, Kommunion, Dank und Bitte, Vater Unser.

Aber „Gottesdienst“ geht weit darüber hinaus. Gottesdienst ist Liebesgabe an G’tt. Wie soll das vor sich gehen?

Der christliche G’tt ist der zu einer Familie erweiterte G’tt der Juden. Den Namen G’ttes des Vaters hat der Hebräer Mose überliefert: יהוה ICHBINDABEIEUCH oder ICHBINDA oder ICH BIN.

Die schönste Liebesgabe an יהוה ist, wenn wir uns vergegenwärtigen. Die Formgestalt dieser Liebesgabe ist dabei zweitrangig; sie kann ganz individuell sein, und es ist sogar bedeutsam, die ureigene Gestalt und Form des „Gottesdienstes“ zu finden und zu „praktizieren“.

Erstrangig ist, dass wir ganz gegenwärtig und mit dem Herzen präsent sind; dass wir uns voll Liebe präsentieren. G‘ttesdienst ist Präsenzdienst, und Präsenzdienst kulminiert in der beständigen Betrachtung des Namens – ha schem: ICH BIN, I AM. Sie ist die vorrangige monastische Übung – in allem Tun und Lassen.