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Dr. Josef Wimmer · November 27, 2021

Worum geht es im spirituellen respektive geistlichen Leben?
Sicher nicht darum, eine einmal gewählte oder ausgeformte Übung zwanghaft zu exerzieren.

Üben ist eine vorzügliche Praxis der Vorbereitung auf „den Ernstfall“.
Üben – gleich welche Art von „Exerzitium“ nun gemeint sein mag – findet immer in einer Sondersituation statt. Wir sparen uns eine Zeit oder mehrere Zeiten des Tages aus für Zazen, Betrachtung, Gebet, Yoga, Lectio Divina, Schreibmeditation, Tai Chi, Mantrenrezitationen usf.
So ernst wir auch exerzieren mögen – immer darf und soll auch das Bewusstsein des Probehandelns, ja vielleicht sogar des Spielerischen in allem Ernst, unsere Übung begleiten.
Der tatsächliche „Ernstfall“ aber ist der Alltag des Lebens.

In ihm stellt sich heraus, ob unsere Übung fruchtet. Und fruchtbar ist sie nur dann, wenn wir den Alltag in der gleichen Präsenz leben wie unsere geistlichen bzw. spirituellen Übungen. Gelingt es uns mehr und mehr – und mit der Zeit mündet jede ernsthafte und beständige Übung in ein echtes Gelingen, eine Selbstverständlichkeit -, wird die eine Präsenz zur Präsenz im Einen.
Dann kann sich auch einmal die festgelegte Übungszeit erübrigen, denn die Übung lässt sich zu jeder Zeit vollziehen. Und noch mehr: dann kann sich auch die festgelegte Übung einmal erübrigen, denn in allem Tun und Lassen waltet mittlerweile liebende Präsenz.

Das Leben als solches ist „durchlichtet“ vom liebevollen GegenwärtigSein!