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Dr. Josef Wimmer · January 14, 2022

Nach der Anrede und Verortung seines G’ttes, die wir übernehmen dürfen, spricht Jesus in sieben Anliegen alles aus, worum wir unseren Vater „in den Himmeln“ mit gutem Grund bitten können und sollen.

Das erste und wichtigste Desiderat handelt vom Namen G’ttes, den Mose den Hebräern in Ägypten mitgeteilt hat, nachdem er ihm seinerseits angesichts eines in der Wüste brennenden und doch nicht verbrennenden Dornbusches offenbar geworden war: יהוה.
Diesen Namen hat Jesus von klein auf zwar buchstabengetreu kennengelernt, aber nur anderslautend gehört bzw. in Umschreibungen gelesen. Ausgesprochen hat er ihn zeitlebens nie – dem Gebot folgend, das für alle gläubigen Juden damals wie heute gilt. Nur der Hohepriester durfte einmal im Jahr im Allerheiligsten des Tempels den G’tt Israels bei dessen Namen anrufen!

Die Heiligkeit des Gottesnamens wird formal gewahrt, indem seine Verlautbarung tabu ist. Aus der sorgfältigen und getreuen Beachtung dieses Tabus haben sich im Lauf der Zeit viele Formen der Anrede entwickelt. Eine davon hat Jesus besonders geliebt und hervorgehoben: das aramäische Wort für Vater – ABBA.

Über die formale Wahrung des Tabus hinaus geht es auch um die inhaltliche Heiligung des G’ttesnamens. Dazu ist es unabdingbar, seine Bedeutung zu kennen. Viele Gelehrte haben sich um sie bemüht. Im Wesentlichen ist der Name eine Selbst- und Seins-Aussage G’ttes: „ICH BIN“, „ICH BIN DER SEIENDE“, „ICH BIN DER DA IST“, „ICH BIN DA“, „ICH BIN DA BEI EUCH“, „ICH BIN DER ICH SEIN WERDE“.

Geheiligt werden möge also das Ich-Sein G’ttes, das SEIN G’ttes, das Ewig-Sein G’ttes, das Überall-Sein G’ttes und das Mit-Israel-Sein G’ttes bzw. das durch Jesus vermittelte Mit-seinen-Jünger*innen-Sein-G’ttes.

Die alten Mystiker sagen uns, dass wir der G’ttheit umso näher kommen, je mehr wir uns in sie versenken. Wenn wir G’tt seiner Selbstaussage entsprechend als überall und immer gegenwärtig verstehen, liegt es nahe, dass wir uns „verinnerlichen“, d.h. uns in unser eigenes Inneres versenken. Da nämlich können wir mit יהוה – omnipräsent! – eins werden!

Versenkung gelingt, indem wir uns im liebevollen Gegenwärtig-Sein üben und uns stets bemühen, bei dieser Übung zu bleiben.

Beten wir: Geheiligt werde dein Name. Dein Name ist uns heilig, und wir wollen ihn heiligen, indem wir uns bemühen, immer und in allem liebevoll präsent zu sein.