Das „einfache Leben“, nach dem sich viele Menschen sehnen, ist: einfach leben. Nur wenige können es.
Wer dazu in der Lage ist, braucht nicht ständig Neues – weder zum Haben noch für sein bzw.ihr Renommée.
Der einfach lebende Mensch lebt einfach und freut sich seines Lebens. So sehr, dass er oder sie von sich sagen könnte: Ich bin Leben. Der einfach lebende Mensch verzichtet aber darauf, es zu sagen – er oder sie sagt es lieber durch Tun und vor allem: durch Lassen. Denn der einfach lebende Mensch lernt und übt beständig, von der Mehrzahl zur Einzahl, vom Vielen zum Einen, aus der Vielheit zur Einheit zu gelangen. Der einfach lebende Mensch re-duziert sich selbst, führt sich zurück zum Wesentlichen…
Der einfach lebende Mensch fügt niemandem Schaden zu, wie Tschuang Tse einst sagte, aber „er“ weiß nicht, dass „er“ gut ist. Und sagen tut er es schon gleich gar nicht.
Einfach lebende Menschen verringern ihre Tätigkeiten auf überschaubar wenige; sie achten aber auch jene, die hochaktiv sind.
Einfach lebende Menschen verzichten leichten Herzens auf materiellen Reichtum und bilden sich doch nichts auf ihre Armut ein.
Einfach lebende Menschen gehen ihrer Wege und verlassen sich nie total auf andere; sie können gut allein leben.
Der einfach lebende Mensch ist kein Herdenmensch; er kritisiert aber auch keinen, der viele Menschen um sich braucht.
Rang und Namen beeindrucken einfach lebende Menschen nicht, Unglück und üble Nachrede werfen sie nicht um.
Einfach lebende Menschen fragen nicht ständig: „Ist das recht?“, und „ja“ und „nein“ kommen ihnen selten über die Zunge.
Einfach lebende Menschen bleiben namenlos und machen kein Aufhebens – weder von sich noch von etwas anderem.
Deshalb sagten die Uralten, auf die sich Tschuang Tse beruft: „Die vollkommene Tugend bringt nichts hervor. ‘Nicht-Ich’ ist das wahre Ich. Und der größte Mensch ist Niemand.”