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Dr. Josef Wimmer · December 14, 2022

An meinem Geburtstag lud ich eine größere Zahl von Freunden und Freundinnen, Bekannten, Verwandten und Nachbarn zu einem Gedenk- und Dankgottesdienst ein. Dabei hielt ich folgende Statio, trug das Evangelium vom Erscheinen des Erzengels Gabriel bei der jungen Mirjam vor und machte anschließend noch ein paar Anmerkungen dazu…
Hier die Texte:

Dank- und Gedenkgottesdienst
10.12.2022, 15:00
Maria vom Guten Rat


STATIO

Ihr lieben Freundinnen und Freunde, Verwandte und Bekannte, liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Ihr seid meiner Einladung zu diesem Gottesdienst hier in Maria vom Guten Rat gefolgt, und dafür danke ich Euch sehr herzlich! Gedenken und Danken hängen eng zusammen, wie wir wissen, und dem widmen wir Christen uns auch jedesmal, wenn wir zur Feier der Hl. Eucharistie zusammenkommen. Ihr Dreh- und Angelpunkt ist Jesus, der Messias Israels, der uns die Tür in den „nächsten Raum“ aufgetan hat.
Vom „nächsten Raum“ steht auf dem Sterbebild von Beate Abspacher zu lesen (ich lasse es durchgehen), meiner lieben Freundin und ärztlichen Kollegin, Mutter meiner Patentochter und dreier weiterer Kinder, Gastfreundschaft in Person und außerdem jahrzehntelang kirchenmusikalisch hochengagiert. Seit Medizinstudienzeiten waren wir schicksalhaft eng verbunden. Wer immer von Euch solche Verbundenheit kennt, weiß, wie es sich anfühlt, wenn das Sterben und schließlich der Tod sie für immer beendet oder zu beenden scheint.

Vielleicht mögt Ihr noch ein wenig daran denken jetzt und Euch den oder die Menschen vor Augen halten, von denen der Tod Euch schmerzlich getrennt hat.

STILLE

Was tut uns da eigentlich so weh, wenn jemand uns für immer verlässt? Es ist der fehlende Austausch, die Kommunikation – geistig, verbal, emotional, sinnlich-körperlich, das fehlende An-Sehen und Angesehenwerden, der fehlende Geruch, die Wärme, die Umarmung, der Blick…Diese Tausende Verbindungsfäden, die sich zwischen uns entwickelt haben – sie sind auf einmal durchtrennt und flattern auf unserer Seite lose im leeren Raum. Und das tut weh. Macht uns traurig oder sogar krank. Daran führt kein Weg vorbei, so wir denn überhaupt noch etwas fühlen…

Zugleich sollen wir laut Beate wissen: „Ich glitt lediglich über in den nächsten Raum“.
Der Tod als Hinübergleiten in den nächsten Raum.
Passiert es uns nicht ständig, dieses Hinübergleiten aus einer Lebensform in eine andere, dieses „Stirb und Werde“, wie Goethe es nannte?
Transformation, Wandlung, ist doch das Grundmuster allen organischen und selbst des anorganischen Lebens! Und immer ist es schmerzlich, das Gewohnte loszulassen und etwas Neues hervorzubringen.
Mir gefällt in diesem Zusammenhang das bayrische Wort „zahnen“ für „weinen“ so gut. „Wos zahnsd’n aso?“ fragen einen die Erwachsenen, wenn man als Kind etwas vermisst oder verliert und deshalb weint, und sie anerkennen den kindlichen Schmerz dabei kaum. Statt dich in den Arm zu nehmen, nehmen sie dich eher noch auf den Arm und fügen dir so einen weiteren Schmerz zu. Im Jammern und Weinen, wenn beim Kleinkind die Zähne zum Vorschein kommen, hat das „Zahnen“ seinen Ursprung.
Es ist die Begleitmusik zu einer neuen Lebensform; denn mit der Fähigkeit zu beißen und zu kauen erschließen sich ganz neue Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme und infolgedessen des körperlichen Wachstums. Ganz früh schon im Leben gleiten wir darin hinüber in einen nächsten Raum…

Und so geht es immer weiter. Bis an die Schwelle des Todes, an der ein letztes Hinübergleiten erforderlich wird und der nächste, der absolute Raum schlechthin sich auftut.

Genau von diesem nächsten, transzendenten Raum handelt alles, was wir glauben und worauf wir vertrauen.

Jedesmal, wenn wir uns an den Gott unseres Lebens wenden, an Jesus, den Gerechten, an das pneuma tou theou, den heiligen Atem-Geist-Anhauch, jedesmal, wenn wir auch nur an die LIEBE denken, mit der wir seit jeher geliebt sind, jedesmal, wenn wir uns einem Mitmenschen freundlich aufmerksam zuwenden, sind wir „hinüber geglitten“ in diesen nächsten Raum.
Am Ende ist dieser „nächste Raum“ nichts weiter als reine, ungetrübte Präsenz, Gegenwärtigsein der Liebe schlechthin – Gott oder יהוה, Adonai, wie die Juden den Gottesnamen, das Tetragramm, aussprechen! „In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“, sagt der Hl. Paulus auf dem Athener Areopag (Apg 17, 28). In יהוה gibt es keine Trennung. In יהוה ist alles EINS!

Wir können uns schon im Leben einüben, in diesen „nächsten Raum“ hinüber zu gleiten: indem wir ihm immer und immer wieder eine reale Präsenz in unserem einräumen und uns selber im Liebenden PräsentSEIN üben. Tun wir das, sind wir „drin im göttlichen Stromkreis“, wie der unvergessliche Passauer Neutestamentler Fritz Schröger es immer wieder enthusiastisch verkündete! Und er wusste es! Und wusste auch, dass es nur ein winziges Körnchen Vertrauen braucht, damit diese alles überragende Liebevolle Präsenz als DA seiend erlebbar wird: nämlich DA IST, wo Du gerade bist, stehst, liegst, gehst.

In diesem „DA des DA“ ist die Tür nach nebenan offen, in ihm sind alle lebendig, gibt es die harte Grenze des Todes nicht. Und darum kann Beate ein paar Zeilen später auch schreiben: Alles ist gut.

Und wann oder wie immer wir „Hinterbliebene“ sind – auch der eigenen Tode, der Abbrüche, alles dessen, was in uns und um uns zu Ende geht und gegangen ist – es gilt: alles ist gut! „Tod, wo ist dein Stachel?“ Wir sind mit Christus auferweckt ins DA des DA! ER hat uns in seiner Auferstehung die Tür da hinein geöffnet und hält sie offen, so dass wir immerfort ein und ausgehen können – solange, bis wir genug haben, lebenssatt geworden sind und zugleich reif für die endgültige Begegnung mit Gott. Das Viaticum bis dahin ist das Brot des Lebens, das uns auf Jesu Geheiß in der Feier der Hl. Eucharistie gereicht wird.

Vielleicht haben wir schon lange nicht mehr daran gedacht, dass dem so ist. In der unseligen Plandemie sollte uns ja auch solches Denken zugunsten eines ausschließlich wissenschaftlichen ausgeredet werden. Stattdessen sollten wir denken, was die sog. Experten uns im Brustton der Überzeugung vorsagen. Und uns auch noch danach richten!

In unserem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben, mussten wir gerade in den vergangenen drei Jahren seit Anfang 2020 so viele Veränderungen ertragen, so viele Verluste und Spaltungen erleiden, so viele Enttäuschungen, Brüche und Abbrüche erleben und sollten so vielen Lügen glauben!
Wer sich der sog. Impfung verweigerte, wurde ausgegrenzt und aufs übelste von selbst höchstrangigen Amtsträgern diffamiert. Das ist alles wortwörtlich dokumentiert! Wer sich öffentlich kritisch hinsichtlich Corona und des politischen Umgangs damit äußerte, wurde gecancelt und mundtot gemacht. Unendlich viel Leid und Kollateralschäden hat die Politik da nach sich gezogen, und vieles davon darf noch nicht einmal wahr sein!

Sogar meine Kirche hat sich vor lauter Anpassung selbst überboten. Sich impfen zu lassen sollte als Akt der Nächstenliebe gelten! Inzwischen als reine Propaganda entlarvt: Impfen schützt weder einen selbst vor Ansteckung noch davor, andere anzustecken.

Mir hat in dieser Zeit Beten und Singen und Lesen und die Kontemplation der Hl. Schriften und vor allem das Brot des Lebens in der heiligen Eucharistie geholfen. Mit Romano Guardini erinnere ich mich Tat für Tag:

Mit jedem Atemzug empfange ich mich neu aus deiner Hand, o mein Gott - das ist meine Wahrheit und meine Freude.
So ist es und so soll es sein.
Immer fort blickt dein Auge mich an, und ich lebe aus deinem Blick, du mein Schöpfer und mein Heil.
Lehre mich, in der Stille deiner Gegenwart das Geheimnis verstehen, dass ich bin,
und dass ich bin durch dich und vor dir und zu dir hin. Amen.


Wer da keinen Zugang hatte zum „nächsten Raum“, in dem er oder sie liebevolle Präsenz erfahren konnte, musste schier verzweifeln oder krank werden.

GottseiDank: diese Tragödie haben wir alle hier überstanden – wenn auch mit tiefen Wunden, die Zeit brauchen zum Heilen!
Und das ist auch ein Grund, warum wir hier und jetzt Dank sagen vor unserm Gott – auch wenn wir alle Opfer beklagen, sowohl die Todesopfer als auch die Opfer an Lebendigkeit, Freude, Freiheit, Vertrauen, Mut, Leichtigkeit, an Zusammenhalt und Einigkeit, an Recht und Gerechtigkeit, an Wahrheit.
All das beweinen und beklagen wir, und dieser Gottesdienst ist ein Versuch, es hineinzutragen in den Raum nebenan, in die Sphäre Gottes, in der alles gut ist und wird. Wir tragen es hinein mit der Bitte um Bewahrung vor oder zumindest in weiteren, ja doch schon drohenden oder sich abspielenden Tragödien. Papst Franziskus spricht ja hinsichtlich der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine inzwischen ganz offen vom Dritten Weltkrieg!...
GOTT bewahre!


EVANGELIUM

MARIA, DAS REINSTE GESCHÖPF GOTTES
Lk 1, 26-38

Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der jungen Frau war Maria. Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich. Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.

Kurzer Hinweis: WARUM MARIA IN DIESEM GOTTESDIENST?

Was brauchen wir heutzutage in diesen desaströsen Zeiten? Keine Kriegstreiberei, kein Aufhetzen, kein Angstmachen, kein Canceln. Von all dem und den dahinter Agierenden haben wir genug. Wir brauchen Menschen, die aus einem marianischen Geist denken und handeln, aus dem Geist, den Maria und Josef ihrem Kind vermittelt haben. Es ist der messianische Geist, mit dem Jesus gesalbt wurde, der Geist der Liebenden Präsenz, sanftmütig und von Herzen demütig. Möge dieser Geist obsiegen und alles kriegerisch-maskuline Auftrumpfen und Aufrüsten ein Ende haben!
Warum Maria? Sie ist die begnadete Frau von Anfang an; sie lebt ineins mit dem Gott Israels, mit Adonai. Und nichts hat sie je bewegen können, diese Einheit zu verlassen. Nur wer ganz in liebevollem Gegenwärtigsein lebt, wer damit begnadet und beschenkt ist odr sich zumindest darum bemüht, kann zum Schalom, zum ganzheitlichen Frieden und zur Heilung unserer kranken und aus den Fugen geratenen Welt beitragen.
Maria tat es als Frau, Jesus tat es als Mann, und heute brauchen ie Himmlischen unsere Hilfe!
Bemühen wir uns darum, ahmen wir Jesus und seine Mutter nach, bergen wir uns unter ihrem Schutz und Schirm, üben wir uns im Geist der Liebenden Präsenz!