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Dr. Josef Wimmer · August 10, 2021

Heute ist ein wunderschöner Sommertag, und ich hoffe jetzt schon, dass in der Nacht ganz viele „Tränen des Laurentius“ zu sehen sein werden. Dafür müsste ich nur irgendwo in der Weite der Landschaft sein….

Erstaunlich, wie wir mit Wörtern den Dingen dieser Welt Bedeutung verleihen, wie wir ihnen (und uns!) Geschichten andichten – „Narrative“ genannt - und dann aus der Kraft dieser Geschichten leben! Der Geschichte des Hl. Diakons und Märtyrers Laurentius zum Beispiel.

Heute kennen immer weniger Menschen diese Geschichte. Die Fülle der Sternschnuppen, die vor allem in der heutigen Nacht ihre kurze himmlische Bahn “fallen“, wird mit naturwissenschaftlichen Begriffen und Geschichten umgeben. Diese Narrative bleiben allerdings streng auf der sachlich-objektiven Ebene; sie transportieren keine affektiv aufgeladenen und aufladenden Bedeutungen. Daher ziehen sie auch eher technologische Folgen nach sich, wenn wir vom kognitiv-intellektuellen Reiz bzw. der Befriedigung einmal absehen, die mit dem in sinnlicher Hinsicht armen Erkenntnisgewinn einhergeht.

Die „Tränen des Laurentius“ werden im wissenschaftlichen Artikel auf Wikipedia als die „Perseiden“ beschrieben: „Die Perseiden sind ein jährlich in der ersten Augusthälfte wiederkehrender Meteorstrom, der in den Tagen um den 12. August ein deutliches Maximum an Sternschnuppen aufweist. Oft erreichen sie als sogenannte Feuerkugeln sogar die Helligkeit der Venus. Der Radiant, der scheinbare Ursprung dieses Stroms, liegt im namensgebenden Sternbild Perseus, nahe der Grenze zur Kassiopeia“. Dass sie auch als Tränen der Laurentius benannt werden, spielt im Wikipedia-Artikel eine allenfalls historisch interessante Nebenrolle.

Dennoch finden sich im Internet (z.B. auf https://www.katholisch.de/) auch die Wetterregeln: “Laurentius im Sonnenschein, / wird der Herbst gesegnet sein” und “Kommt Sankt Lorenz mit heißem Hauch / füllt er dem Winzer Fass und Bauch”. Ernsthaft glaubt daran vermutlich nur noch eine winzige Minderheit.

Es sieht so aus, hört und fühlt sich so an, als ginge gerade ein Völker und Generationen übergreifendes Narrativ zu Ende, ein den Verlauf der Geschichte der letzten Jahrtausende bestimmendes Paradigma. Wissenschaft ist die „Religion“, das globale Narrativ des neuen Jahrtausends! Das wissenschaftliche Erforschen aller Dinge und Zusammenhänge ist der Kultus des Wassermann-Zeitalters. Allerdings erleben wir derzeit auch, wie Wissenschaftler ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht werden und sich vor den Karren der Mächtigen spannen lassen, anstatt objektiv zu bleiben!

Der alte Marx hatte schon recht mit seinem Diktum: „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt“ (Kritik der politischen Ökonomie, Vorwort. Zit. n. MEW 13, S. 9).