Der erste Federweiße im Supermarkt ist eines der untrüglichen Zeichen, dass der Herbst mit seinen ganz eigenen Sinneseindrücken und -genüssen naht.
Der junge Wein schmeckt verführerisch süß und ist spritzig. Und so „süffig“, dass man sich leicht einen Rausch antrinken kann, wenn man ihm zu schnell und ungehemmt zuspricht! „Roter Rauscher“ wird er deshalb bisweilen auch genannt!
„Echte“ Weinkenner*innen werden ihn zwar nicht gerade verachten. Aber sie schauen doch auf sein „Quale“, seine „So-Beschaffenheit“, seine Eigenart, eher herab. Motto: „Das Bessere ist des Guten Feind“!
Und dass alter Wein nicht nur teurer, sondern auch in jeder Hinsicht besser ist, wissen sie aus langer Erfahrung und vielen Genusserlebnissen.
Sie werden also den Satz bestätigen: „Niemand, der alten Wein getrunken hat, will neuen; denn er sagt: Der alte Wein ist besser“ (Lk 5, 39).
Tiefgläubige Juden und Jüdinnen im Umfeld Jesu, die den „alten Wein“ ihres Glaubens getrunken und seine Geheimnisse in sich aufgenommen hatten, taten sich mit dem „Federweißen“ Jesu schwer. Er sah das ganz realistisch und verständnisvoll: Wer wirklich der Thorah gemäß lebt, soll ruhig bei ihr bleiben. Ihm/ihr wird sich von selbst erschließen, wer der Messias ist.
Jesus ist ja auch nicht gekommen, um die „Gesunden zu heilen, sondern die Kranken“ - also die, die nur so tun, als verstünden sie etwas von altem Wein. Wiederholt nennt er die Pharisäer „Heuchler“ und geißelt ihren oberflächlichen, letztlich folgenlosen „Glauben“.
Da sind ihm dann seine rauschigen „Jünger*innen“ allemal lieber, die sich vom „neuen Wein“ begeistern und die religiösen Konventionen des Establishments hinter sich lassen. Sie haben doch eh nie „dazu“ gehört, genießen keine Achtung und gelten als Sünder!
Und sie erfreuen sich der Hoch-Zeit seiner Gegenwart, solange er da ist…
Er weiß ja schon, was ihm blüht. Noch allen Propheten von יהוה ist es so ergangen.
Auch heute wollen die Menschen lieber träumen als wachen, lieber ihren Phantasiegespinsten nachjagen als der Realität ins Auge sehen. Sie scheuen die Mühe, liebevoll präsent zu sein und lassen sich lieber einlullen.