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December 9, 2021
„Bitte warten!“ – eine der nervendsten automatischen Telefonansagen überhaupt!
Gemäß dem radikal-hedonistischen Motto „Wir wollen alles und zwar sofort!“ haben wir uns angewöhnt, ungeduldig zu sein.
Dabei liegt im Wartenkönnen eine große Kraft: die Freiheit von der unmittelbaren Koppelung von Reiz und Reaktion, die Freiheit, Befriedigung von Bedürfnissen aufschieben zu können.
Auch das Warten ist erlernbar. Es befreit vom inneren Zwang, zu reagieren. Und diese Freiheit ist eine Gabe, die mindestens genauso wertvoll ist wie das Gefühl der Befriedigung, nachdem ein Bedürfnis unmittelbar nach seinem Auftauchen gestillt wurde.
Ein erwachsener Mensch kann beides: unmittelbare Bedürfnisbefriedigung UND Warten auf den richtigen Zeitpunkt der Erfüllung seiner/ihrer Wünsche.
Damit ein Säugling sich in seiner Familie beheimaten kann, braucht er die möglichst zeitnahe Stillung seiner Bedürfnisse. Die Entwöhnung vom Gestilltwerden kann nur individuell angepasst erfolgen. Eine terminliche Normierung ist auf jeden Fall kontraproduktiv und schafft Lücken in der Identität, die später schwer zu schließen sind.